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Containment-Simulation

Was ist eine Containment-Simulation / ein Containment-Test?

Maschinen mit schnelldrehenden Bauteilen können bei hohen Betriebsdrehzahlen sehr hohe kinetische Energien beinhalten. Im Fall eines Rotorversagens wird die rotatorische Energie zum Teil in translatorische Energie umgewandelt und muss vom umliegenden Gehäuse durch Deformationsraum oder ähnliche Dissipationskonzepte aufgenommen werden. Containment-Tests, bzw. -Simulationen können also einen Nutzen für Hersteller von Maschinen mit schnelldrehenden Komponenten, Prüfständen mit rotierenden Bauteilen, Turbomaschinen aller Art, Generatoren, Wälzkolbenpumpen, Schwungräder, Ventilatoren, Drehanoden, etc. darstellen.

Bei einem Containment-Test wird der Rotor üblicherweise so vorgeschädigt, dass er im normalen Betrieb bei einer vordefinierten Drehzahl birst. Bei einem Containment-Test wird somit sichergestellt, dass im Falle eines Rotor- oder Schaufelversagens keine Bruchstücke nach außen dringen können, um somit die potentielle Verletzungsgefährdung für neben den Maschinen stehende, oder arbeitende Personen zu minimieren. Zudem sollen umliegende Maschinen und Anlagen, deren Ausfall oder Zerstörung z.B. durch einen Folgebrand erhebliche Folgen hätte, geschützt werden.

In einer Containment-Simulation wird die zu untersuchende Maschine zunächst basierend auf CAD-Daten vernetzt. Den jeweiligen Bauteilen werden elastisch-plastische Werkstoffgesetze mit Berücksichtigung der Dehnratenverfestigung (bei detaillierter Betrachtung) und gegebenenfalls mit Versagensabbildung zugewiesen. Anschließend erfolgt noch die Definition von Randbedingungen, wie Lagerung, Drehzahl, Schraubenvorspannungen, Kontakten, usw.. Mit dem so erzeugten Modell wird dann je nach Modellgröße und Drehzahl ein Zeitraum von 1 ms bis 20 ms simuliert, was auf mehreren parallelen Rechenkernen zwischen wenigen Stunden und mehr als einen Tag dauern kann. Im Anschluss daran kann die Versagenskinematik in Animationen analysiert werden. Darüber hinaus können Verschiebungen, plastische Dehnungen und seltener Spannungen ausgewertet und z.B. Graphen mit Energiebilanzen, Schnittkräften, etc. analysiert werden.

Was ist der Vorteil / Hauptnutzen von Containment-Simulationen?

Der größte Vorteil einer Containment-Simulation ist der unmittelbare Einblick in die Berstkinematik. Während kinematische Abläufe nach einem Test oft nur anhand von Schleifspuren und Schlagmarken abzuleiten sind, können in der Simulation Bauteile ein-, und ausgeblendet oder Schnittansichten durch das Modell betrachtet werden. Somit werden Lastketten und Kausalitäten klar erkennbar. Dies ist oftmals von Vorteil bei der Ableitung konstruktiver Maßnahmen zur Erhöhung der Containment-Sicherheit einer Maschine.

Darüber hinaus ist eine weitere Stärke der Simulation die einfache Erzeugung von Varianten. Während ein Test nur den Ist-Zustand in einem Betriebszustand und mit einer bestimmten Auswahl an Werkstoffgüten darstellt, kann in der Simulation sehr einfach eine Vielzahl von Varianten erzeugt werden. Hierbei können unterschiedliche Berstszenarien betrachtet werden, ebenso andere Einschlagstellen, Fertigungstoleranzen, Werkstoffgüten und Drehzahlbereiche. Außerdem können konstruktive Maßnahmen direkt umgesetzt und durch einen A-B-Vergleich bewertet werden.

Oftmals ist die Simulation auch in der Bestimmung des worst-case Szenarios, bzw. der worst-case Szenarien hilfreich. Mit einem Test wird nur ein bestimmter Lastfall abgeprüft. Ob dieser auch den worst-case darstellt, oder ob bei anderem Berstverhalten, bzw. weiteren Drehzahlen andere Maschinenbereiche stärker beansprucht werden, kann durch den Einsatz der Simulation sehr effizient untersucht werden.

Brauche ich überhaupt noch physische Tests?

So vielfältig die Möglichkeiten der Simulation auch sind, selbst nach über 20 Jahren Erfahrung bei ihf mit Containment-Simulationen sind und bleiben Tests ein wichtiges Mittel zur Validierung von Ergebnissen.

Durch einen Test kann ein Modell validiert werden, was sich in den meisten Fällen direkt auf die Validität weiterer Variantenuntersuchungen übertragen lässt. Darüber hinaus ist häufig das Versagensverhalten von Werkstoffen nicht bekannt und somit nur über das reale Verhalten im Test zu validieren (reverse engineering). Oftmals liegen zum Beispiel Werkstoffdaten zu Rotoren oder Gehäusewerkstoffen nur sehr rudimentär in Form von Werkstoffnamen oder als Kennwerte aus Zugversuchen vor (s. besondere Herausforderungen), so dass zahlreiche Annahmen getroffen werden müssen. Dies ist durch die langjährige Erfahrung bei ihf zwar eine gangbare Möglichkeit, dennoch werden sich in einem realen Test gewissen Abweichungen ergeben. Im Rahmen einer Testvalidierung ist zwar nicht die vollständige Validierung eines Werkstoffmodells möglich, aber die Anpassung an die Erfordernisse des Containment-Lastfalls kann so durchaus erfolgreich durchgeführt werden.

Welches sind die besonderen Herausforderungen?

Vielen Ingenieur:innen ist die FEM-Simulation bereits bekannt, meistens wird hiermit jedoch die klassische implizite Struktursimulation verbunden (ANSYS, Nastran, etc.). Da es sich bei der Containment-Simulation jedoch um einen hochgradig nichtlinearen, transienten Vorgang handelt, kommt hierfür ein weniger bekanntes Rechenverfahren, die sogenannte explizite Simulation zum Einsatz, welches einige spezielle Anforderungen mit sich bringt. Das Stabilitätskriterium für das explizite Rechenverfahren ist die Zeitschrittweite, in der die Bewegungsgleichungen gelöst werden. Diese hängt von der Ausbreitungsgeschwindigkeit der mechanischen Wellen (Schallgeschwindigkeit) im Werkstoff ab, welche wiederum im Allgemeinen über Dichte, E-Modul, Querkontraktionszahl und kleinste Elementkantenlänge bestimmt wird. Je kleiner also das kleinste Element ist, umso geringer ist die Zeitschrittweite, d.h. umso mehr Zeitschritte müssen berechnet werden.

Dies ist insofern von Interesse, da es den Modellaufbau vergleichsweise aufwändig gestaltet. Bei einer automatischen Vernetzung von CAD-Daten werden auch kleinste Geometriefeatures mit Elementen versehen. Bei impliziten Simulationen stört das wenig, da nur einige Knoten mehr, d.h. einige Gleichungen mehr zu lösen sind. Bei expliziten Simulationen hat es entscheidenden Einfluss auf die Rechendauer. Typische Mindestkantenlängen in der Containment-Simulation liegen zwischen 0,5 mm und 2 mm. Darüber hinaus werden in der expliziten Simulation bei der Vernetzung voluminöser Strukturen üblicherweise unterintegrierte Hexaederelemente 1. Ordnung verwendet. Eine schnelle „automesh“ Funktion hierfür existiert nicht, so dass noch Handarbeit erforderlich ist. Tetraederelemente 2. Ordnung stehen zwar ebenfalls zur Verfügung, durch deren Verwendung steigt jedoch die Rechenzeit durch den höherwertigen Ansatz sowie die deutlich höhere benötigte Elementanzahl um ein Vielfaches an. Elemente dieser Art werden üblicherweise nur bei sehr aufwändig geformten Gussgeometrien verwendet. Im Vergleich zum Modellaufbau in der impliziten Simulation entsteht also zunächst ein höherer Aufwand bei der Vernetzung. Die Betrachtung von Varianten ist nach dem ersten Aufbau eines Modells jedoch meist sehr zeitnah und unaufwändig möglich.

Eine weitere Hürde, auf dem Weg zur erfolgreichen Containment-Simulation sind die Werkstoffgesetze. Meistens sind hier nur einfache Kennwerte, z.B. aus Zugversuchen oder aus Normen bekannt und oft haben diese nur wenig mit dem tatsächlichen Werkstoffverhalten zu tun. Insbesondere Normkennwerte geben üblicherweise untere Grenzen vor, wohingegen die tatsächlich von den Herstellern gelieferten Werkstoffgüten deutlich darüber hinausgehen. Eine im Zugversuch ermittelte Versagensgrenze eines Werkstoffes gilt darüber hinaus auch nur für den Spannungszustand im Zugversuch, nicht aber für andere Spannungszustände, wie z.B. Scherung oder Druck. Ein weiterer Punkt ist, dass gerade in Turbomaschinen oft erhöhte Temperaturen zu betrachten sind, welche ebenfalls großen Einfluss auf Werkstofffestigkeit und Versagensverhalten haben. Etwas eingehender widmen wir uns diesem Thema auf unserer „Wissensseite Werkstoffversagen“. Das Werkstoffverhalten z.B. eines versagenden Laufrades ist die erste und unmittelbare Einflussgröße auf alle weiteren Abläufe beim Containment-Lastfall. Jeder Fehler bei der Werkstoffcharakterisierung zieht sich also durch die gesamte Simulation. Dies ist einer der Hauptgründe, weshalb physische Versuche weiterhin zu Validierungszwecken wichtig und notwendig sind. Durch die langjährige Erfahrung von ihf auf dem Gebiet der Containment-Simulation sind wir in der Lage sinnvolle Annahmen zu treffen und verfügen darüber hinaus über eine umfangreiche Werkstoffdatenbank, welche oftmals eine gute Grundlage darstellt.

Wie aufwändig sind Containment-Simulationen?

Wie bereits zuvor beschrieben, sind die größten Posten beim Start eines neuen Containment-Projektes der Modellaufbau sowie die Werkstoffcharakterisierung. Für die Vernetzung eines neuen Modells können je nach Komplexität der Struktur und Aufgabe mehrere Tage bis Wochen Aufwand zusammenkommen. Auch die Werkstoffdefinition kann eine ähnliche Zeit in Anspruch nehmen, je nachdem wie viele Werkstoffe in welchem Umfang angenähert werden müssen.

Im Anschluss an den Modellaufbau erfolgt eine erste Bewertung auf deren Basis dann Varianten erzeugt werden können. Hierbei können die meisten Varianten sehr unaufwändig und somit kostengünstig erzeugt werden, z.B. Änderungen der Berstdrehzahl, kleinere Modifikationen an den Werkstoffgesetzen oder eine Änderung des Versagensszenarios (2-Teilung, 3-Teilung, Entschaufelung, Kranzbruch, etc.).

Zusammenfassung

Containment-Simulationen sind vornehmlich für Hersteller von Maschinen mit schnelldrehenden Komponenten, Prüfständen mit rotierenden Bauteilen, Turbomaschinen aller Art, Generatoren, Wälzkolbenpumpen, Schwungräder, Ventilatoren, Drehanoden, etc. interessant. Gegenüber dem Containment-Test, welcher eine wichtige Rolle für die Validierung spielt, wird man durch Containment-Simulationen in die Lage versetzt, mit vergleichsweise geringem Aufwand mehrere Berstszenarien, Drehzahlbereiche oder Werkstoffkombinationen analysieren und vergleichend betrachten zu können. Die dabei gewonnenen Einblicke in die Versagenskinematik können Kausalitäten und Lastketten verdeutlichen und eine wichtige Hilfe bei der Entwicklung eines sinnvollen Containment-Konzeptes darstellen.

Die größten Herausforderungen liegen im erhöhten Aufwand für die Modellerzeugung sowie in der Unsicherheit bei der Werkstoffcharakterisierung. Durch die mehr als 20-jährige Erfahrung bei ihf in Sachen Containment-Simulation sowie zahlreiche erfolgreich durchgeführte Projekte verfügen wir über die notwendigen Antworten auf diese Herausforderungen.

Ob Sie eine konkrete Aufgabenstellung haben, oder zunächst eine Diskussion bezüglich einer vagen Problemstellung führen möchten, wir freuen uns über Ihre Kontaktaufnahme.